.comment-link {margin-left:.6em;}

2006/06/28

Während gestern...


...in der Hamburger Bürgerschaft die feinen Herren das neue Studiengebührengesetz verabschiedeten, regte sich auf der Straße noch einmal Widerstand. Immerhin zwischen 3.000 und 5.000 Leute waren zur gemeinsamen Nord-Demo gekommen, die von den Aktiven mehrerer norddeutscher Unis organisiert worden war. Dabei waren außerdem auch Mitglieder von Ver.di und der GEW, die sich solidarisierten. Gleichzeitig lief in Wiesbaden das süddeutsche Pendant mit etwa 6.000 Demonstranten.

Begleitet wurde die Hamburger Demo wie gewohnt von Unmengen grün- und schwarzbehelmten, gut gepanzerten Polizisten: Vermutlich über 1.000 Mann und Frau hatte der Recht-Senat mal wieder zusammengetrommelt, um seine Macht zu demonstrieren. Nicht nur, dass es fast während der gesamten Strecke ein enges Spalier gab - sogar noch weit um die geplante Route waren gut gerüstete Turtles positioniert, Straßen gesperrt, grüne Wannen üebrall. Vor dem Rathausamarkt dazu mehrere Reihen rot-weiße Sicherheitszäune, behelmte BFE-Einheiten, mehrere Wasserwerfer - Business as usual in Hamburg eben...

Der Zug startete recht lautstark und kompakt, was nach zuletzt langweiligen Latschdemos positiv überraschte. Vor allem aber die Cops schienen in Hochform zu sein. Schon vor der Lombardsbrücke griffen plötzlich einige von ihnen völlig grundlos auf die bis dahin wirklich völlig friedliche Demo über: Als Team Green dabei versuchte, jemanden aus der Menge ziehen, wurden sie aber ziemlich handfest wieder zurückgedrängt. Knüppel wurden eingesetzt, mindestens ein Student wurde am Kopf verletzt.


Die restliche Demo blieb dann aber ohne Zwischenfälle. Leider ebbte auch die Stimmung bis zum Rathaus ab. Dort gab es vor dem "Befestigungwall" ein paar Redebeiträge vom viel zu leisen Lautsprecherwagen, bevor es dann mit langsam wieder zunehmenden Schwung am stark bewachten Alsterhaus vorbei zurück zur Uni ging.


Letztlich konnte das Gesetz natürlich nicht verhindert werden. Aber immerhin zeigte der Tag nochmal: Der Widerstand ist nicht tot. Der Kampf geht weiter.
Ob vielleicht nochmal ein echter "Summer of Resistance" daraus werden kann, steht aber in den Sternen. Noch vor Monaten war Hamburg Protesthochburg. Inzwischen müssen wir neidisch nach Hessen schauen.

2006/06/23

Die Erfahrung...


...mal ein echtes WM-Spiel mitzuerleben, macht man nicht oft. Um so gespannter durften wir gestern in Hamburg auf die Partie zwischen Tschechien und Italien sein. Noch dazu ging es im letzten Gruppenspiel für beide Teams noch um alles. Letztlich konnten die Erwartungen nicht ganz erfüllt werden, weil besonders die Tschechen eine Enttäuschung blieben...


Schon mittags war die Hamburger City ganz in tschechischer Hand. Die zahlreichen angereisten Fans sorgten rund um den Rathausmarkt für gute Stimmung und zeigten sich äußerst trinkfreudig. Italiener waren nur wenige zu sehen, dafür übernahmen diese bereits auf den Straßen die Kontrolle. Mit der S-Bahn ging es dann nach Stellingen, wo man die umgebauten Bahnstation mit neuem Getränkeshop bestaunen konnte. Auch die Busstationen, von denen aus der Shuttle zum Stadion fuhr, präsentierten sich in neuem Glanz.

Auch am Stadion ging es flott voran. Allein die peniblen Kontrollen brauchten eine Weile. Die anschließende automatische Ticketkontrolle per Chip klappte problemlos.
In der Arena gehörte den Tschechen eine Hälfte der Südtribüne, die sie einheitlich mit Landesfahnen geschmückt hatten. Die Italiener konzentrierten sich auf die gegenüberliegende Nordkurve, wo aber auch zahlreiche tschechische Grüppchen für Stimmung sorgten. Dazwischen waren neben zahlreichen neutralen Zuschauern wohl aber die Italiener in der Überzahl. Letztere zeigten einige selbstgemalte Spruchbänder und auch wenige Vereinsbanner. Akustisch behielt die tschechische Seite lange die Oberhand, wie auch ihre Mannschaft auf dem Platz. Der Support kam zunächst konstant und bisweilen auch ziemlich laut, während die Italiener nur selten zu hören waren. Das änderte sich mit dem überraschende Führungstreffer der Italiener. Jetzt kamen auch die Tifosi gesanglich ganz gut in Fahrt, was leider bald wieder abflaute. Beim Torjubel gab es auch einen Bengalo im Block zu sehen. Der "Verursacher" wurde allerdings von herbei stürmenden Ordnern ebenso schnell einkassiert, wie zwei tschechische Fans, die vom Spielfeldrand mit Tröten und Bierbechern geworfen hatten. Bis zur Halbzeit waren die tschechischen Anhänger weiterhin bestimmend. Insgesamt wirkte der Support aber eher hölzern, nur selten gab es mal ein paar Hüpfeinlagen - die mit dem gesamten Block dann aber sehr gut anzusehen waren. Nach der gelb-roten Karte für Plasil kurz vor der Pause war es damit dann beinahe vorbei. In Hälfte zwei kam nur noch ganz wenig. Die Italiener wurden mit zunehmender Spieldauer sangesfreudiger und überzeugten als lebhaftere Hälfte im Stadion - insgesamt aber viel zu selten wirklich laut und damit dennoch recht enttäuschend.

Auch das Spiel hatte mit den zahlreichen Stars auf dem Platz mehr versprochen. Nach der Dezimierung der Tschechen taten die Italiener aber nur noch wenig und spielten ihren Vorsprung nüchtern runter. Die Tschechen dagegen blieben nicht nur spielerisch zu schwach sondern vor allem zu ängstlich. Selbst als es kaum noch etwas zu verlieren gab, war der absolute Wille kaum zu erkennen. Meistens blieb Baros als einzige Spitze auf velorenem Posten. Immerhin gab es mit Inzaghis Kontertor zum 2:0-Endstand noch eine schöne Aktion zu sehen. So wurde die Rückfahrt auch eher eine ruhige Angelegenheit. Während die große Zahl der Tschechen enttäuscht zur Bahn trottete, feierten die Italiener nur noch kurz aus ihren Autos auf der Straße.


Weitere Eindrücke vom Spiel:









Videos:

2006/06/21

Seit zwei Wochen...


...läuft nun die Weltmeisterschaft im eigenen Lande. Die ersten Achtelfinalpaarungen stehen inzwischen fest. Und tatsächlich, die Klinsi-Elf ist noch immer dabei! Grund genug für unser Land, sich in einen kollektiven "Schlaaaand"-Rausch zu begeben. Schwarz-Rot-Gold beherrschen das Bild,
wohin man auch schauen mag. Und trotz aller Abneigung gegen Nationalismus und Deutschtümelei - zugegeben: Der neu aufschäumende Fußballpatriotismus macht durchaus Spaß! Abgesehen natürlich von den zahlreichen komplett besoffenen Totalproleten und gelegentlich auftauchendem schwarz-weiß-rotem Fascho-Gesocks jedenfalls. Man kann natürlich von diesem Fußball-Karneval halten was man will - echte Fankultur ist sicherlich etwas anderes. Aber auch die plötzliche Begeisterung vieler, die vermutlich noch nie ein Stadion von innen gesehen haben, trägt eben ihren Teil zu diesem schönen Ausnahmezustand bei.

Vor allem aber wird die WM-Stadt Hamburg (wie vermutlich alle anderen auch) immer mehr zum Zentrum internationaler Begegnung. Das kitschige Bild von der Völkerverständigung über den Sport wird hier momentan Realität. Ob vor der Großbildleinwand, in der Kneipe oder auf der Straße - bunte Verbrüderungsszenen ohne Ende. Nach dem zweiten Spiel in Hamburg kam
ich mir in der S-Bahn aus Stellingen beinahe vor wie im Coca-Cola-Werbespot, als einige Ecuadorianer, Costa Ricaner und Deutsche mitten im Waggon in bierseliger Runde Fußball spielten. Wenige Tage später feierten wiederum Ukrainer vor meiner Haustür ohren Kantersieg gegen die Saudis, deren Fans noch gestern den Kiez säumten...

Es bliebt natürlich zu hoffen, dass diese Stimmung auch nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft nicht abflacht. Ob ich auch nach dieser Weltmeisterschaft noch mit St. Ellinger Prolls gemeinsam auf ein Tor anstoße, ist ebenfalls schwer zu bezweifeln. Aber gerade deshalb macht diese Fußball-Loveparade wohl so einen Spaß...


Ein paar Eindrücke von der WM in Hamburg:









Videos:

2006/06/11

Die Spiele...

...haben begonnen! Endlich. Nach so viel Trubel um jede Kleinigkeit, musste man ja beinahe damit rechnen, dass der eigentliche Kick im medialen Durcheinander zur Nebensache gerät. Aber dem ist zum Glück nicht so. Nach einem großartigen Auftaktspiel der deutschen Mannschaft am Freitag sorgten gestern mehr als 40.000 argentinische Fans dafür, dass der Trubel in Hamburg anhält!
Für mich ging die Party am Freitagabend um 17 Uhr los. Das "FIFA Fan Fest" auf dem Heiligengeistfeld sollte zum Eröffnungsspiel getestet werden! Und schon bei der Ankunft musste ich feststellen, dass sich das so einige vorgenommen hatten. Letztlich strömten über 50.000 Fans vor die von Tribünen gesäumte Großbildleinwand. Und nach der strapaziösen Eingangskontrolle - immerhin musste in kürzester Zeit noch der Biervorrat mehrerer Leute geleert werden - und einer kleinen Fußverletzung waren wir dann auch endlich drin im Getümmel, um sogleich den wudnerbaren Führungstreffer für Deutschland zu bestaunen. Zumindest ab und zu konnte man nämlich sogar mal was sehen, was auf engstem Raum durchaus auch größeren Menschen schwer fiel.

Erschöpft und durstig zogen wir deshalb in der Halbzeit erstmal an der Esso-Tanke vorbei über den Kiez, um uns danach von Straßencafè zu Fernsehkneipe irgendwie Richtung Fischmarkt zu begeben. Und weil wirklich jeder kleine Dönerladen inzwischen seinen Plasmafernseher an der Wand hat, gelang es tatsächlich, kaum etwas vom Spiel zu verpassen. Positiv überraschen konnte danach die Übertragung in der Fischauktionshalle. Dort war zwar alles mit seltsamen blauen Fahnen geschmückt, dafür konnte man aber mit dem mitgebrachten Bierchen in der Hand in angenehmer Runde das Spiel verfolgen - und trotzdem ordentlich feiern!

Zum Abschluss des gelungenen ersten WM-Abends ging es dann nochmal an den Elbstrand, um in lustiger Runde mit unseren seltsamen Kinder-Metallern die Abendsonne zu genießen.... Und auch das erste Spiel in Hamburg ließ stimmungsmäßig kaum Wünsche offen. Schon seit Tagen wimmelte es in der Hansestadt nur so von Argentiniern, die mit Stadtkarten bewaffnet durch die S-Bahnen irrten. Und am Dienstag waren dann auch zahlreiche Ivorer (ich hab mir sagen lassen, die nennt man so) mit Fahnen und bunten "Trachten" im ganzen Stadtgebiet zu bewundern. Ganz zu schweigen von den vielen tausend Schweden, die offenbar einfach zum Mitfeiern rübergekommen sind - großartig!


Nach dem argentinischen Sieg wurde dann auch die Kreuzung an unserer Straße stundenlang zur Partymeile für die zurückkommenden Argentinier, die von unseren Nachbarn gleich mit Leuchtraketen begrüßt wurden. Sogar ein gewisser Herr Diego Armando M. soll mit seiner Limousine vorbeigekommen sein - leider war ich da schon unter der Dusche...

Man kann nur hoffen, dass Euphorie und Sommerwetter noch ein bisschen anhalten - dann bleibt die Weltmeisterschaft eine echte Party!

2006/06/08

So langsam...


...macht es sich sogar bei einem FIFA-Hasser wie mir in den letzten Tagen merkbar: das viel herbeigeredete WM-Fieber. Denn irgendwie ist es schon - trotz Coca-Cola und MacDonalds-Müll - etwas besonderes, in einer Stadt zu leben, auf die in den nächsten Wochen die ganze Fußballwelt schauen wird. Und wer sich mal zurückerinnert, dem wird auffallen, wie stark sich Hamburg in den letzten Jahren auf dieses eine Event vorbereitet hat: Kaum ein Bauprojekt, ohne den Hinweis auf die kommende Fußball-WM. Teilweise glich die Stadt einer einzigen Großbaustelle. Vieles ist jetzt endlich fertig, manches auch noch immer im Bau. Auf jeden Fall scheint sich ein jeder irgendwie fein gemacht zu haben, um sich perfekt zu präsentieren wenn "die Welt" mal zu Besuch ist. Von kleinen Länderfähnchen in Fenstern und Autos bis hin zu den "Blue Goals" über den Dächern der Stadt...


Die nächsten Tage und Wochen werde ich deshalb mit der Kamera im Gepäck versuchen, ein bisschen vom WM-Flair einzufangen, wo es sich denn blicken lässt.