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2006/04/02

Was sich gestern...

...rund um das St.Pauli-Spiel am Millerntor abspielte, lässt mir irgendwie noch keine Ruhe. Innerlich noch ziemlich aufgewühlt, hier mal der der Versuch eines Berichtes. Auch wenn ich bei vielem nicht mehr dabei war:

Mit dem Chemnitzer FC erwartete St. Pauli diesmal nicht nur den Tabellenletzten, sondern auch mal wieder eine Ostmannschaft. Das miese Wetter und der Tabellenstand ließ mich aber vorher eher wenig Aufregendes erwarten. Durchgeregnet im Stadion angekommen, waren denn auch nur wenige Mitgereiste auf der Gegenseite zu sehen. Zum Spielbeginn dann erste Verwunderung: Während auf seiten von USP eine schöne Reggae-Choreo mit dem Spruchband "Get up, stand up" zu sehen war, warteten die "Gäste" mit einer handvoll rot-weißen Fahnen auf, die den Charakter der mitgereisten Nazi-Bande ziemlich offen klarstellten. Bisher war mir der CFC nicht gerade Inbegriff von Fascho-Gesindel. Aber, dass hier NS-Symbolik angedeutet werden sollte, war kaum zu übersehen. Letzte Zweifel wurden dann durch zahlreiche rechte Parolen ausgeräumt, die offenbar auch vom Großteil der Chemnitzer mitgerufen wurden. Das lässt sich nicht steigern? Denkste: Direkt nach dem 0:1-Eigentor des FC St. Pauli wurde im Gästeblock der obligatorische Rauch gezündet. Während das Spiel unterbrochen werden musste, kam es dann auch schnell zum ersten Schlagabtausch zwischen Odnern und Hools. Die eher gemächlich in den Block strömende Polizei verhinderte noch gerade eben, dass der Zaun zur Haupttribüne überrannt wurde. Gleichzeitig wurde auch noch der Linienrichter aus dem Block gezielt mit einer Bengal-Fackel beworfen. Schon zu diesem Zeitpunkt hätte der Block geräumt werden können, auch ein Spielabbruch wäre kaum übertrieben gewesen. Es passierte aber zunächst nichts mehr, was um so mehr die Stimmung bei den St.Pauli-Anhängern aufheizte, die mit lautstarken "Go home, Nazi-Scum!"-Rufen antworteten. Die Durchsage über die Lautsprecher, man möge die Gästefans nicht auch noch provozieren, grenzte angesichts des angereisten Abschaums an Hohn...

Klar war, dass nach dem Spiel noch etwas passieren würde, dazu aber nur noch vom Hörensagen: Offenbar wartete am Ausgang bereits eine 300-500 Leute starke Gruppe auf die Faschos, die erst nach Stunden von der Polizei ins Freie kamen. Hier ging die Polizei mit starker Bewaffnung und zwei Wasserwerfern gegen die
Wartenden vor, die nach einem frühen Platzverweis nicht sofort verschwunden waren. Die HVV-Busse, die das Gesindel wegbringen wollten, wurden dabei noch entglast, wie auch einige Polizeifahrzeuge. Sofern es mir normalerweise liegt, Gewalt zu rechtfertigen. Hier haben wohl einige noch weniger bekommen, als sie verdient hatten. Wer auf diese Weise Gegengewalt provoziert, dem sollte man sie wohl nicht verweigern.

Ach ja, der FC St. Pauli gewann das Spiel noch mit 3:2. Sportlich nicht überzeugend, aber jeder Punkt für diese Chemnitzer wäre zuviel gewesen...

Videos:

Hier noch ein Bericht vom Offiziellen des FC St Pauli, Sven Brux:

Guten Morgen, ein ereignisreicher Tag, der uns sicher noch einige Zeit beschäftigen wird. Es wird in den kommenden Tagen sicher eine ausführliche Nachbereitung des Spieltags geben. Den Bewertungen und Schlussfolgerungen kann und will ich hier nicht vorgreifen, da es hierzu einer Menge Fakten bedarf, die evtl. noch nicht alle vorliegen. Um aber hier einige Unklarheiten zu beseitigen und Gerüchten vorzubeugen einige Fakten:
- Es waren nach meiner Schätzung etwas über 200 Fans im Gästeblock. Bei zumindest einem Sprechchor ("...wir hassen die Türkei") stand ich unmittelbar davor. Das wurde von ca. 3/4 der Anwesenden mitgegröhlt.
- Im Block gab es keine Thor Steinar Klamotten mehr. da hat die Einlasskontrolle sowie die Ansprachen durch Polizei, Fanbeauftragte Chemnitz etc. funktioniert. Leider sind diese rot-weißen Fahnen am Einlass durchgerutscht, da die Tragweite des Symbols nicht erkannt wurde. Ganz klar hierbei: Die fanhe an sich beeinhaltet kein verbotenes Symbol. Die Aussage ist aber glasklar und deshalb wären diese nicht zugelassen worden. Ebenso wie das Aufhängen im Block später zu verhindern gewesen wäre. aber eben nur im rahmen des Hausrechts, nicht von Amts wegen.
- Es hat bereits zu Beginn der ersten Halbzeit eine Besprechung mit der Polizeieinsatzleitung zur Lage gegeben, wo neben mir der Fanbeauftragte des FC St.Pauli teilgenommen hat. Zu dem Zeitpunkt hat es noch keine Straftaten im Block gegeben, "lediglich" Verstöße gegen die Stadionordnung. da man bei Einsätzen im Zuschauerblöcken immer die Verhältnismäßigkeit abwägen muss, wurde sich darauf geeinigt, dass der Stadionsprecher ansagen machen kann, es aber (noch) kein direktes einschreiten im Block gibt, um die Situation nicht weiter aufzuheizen.
- Kurz darauf die Eskalation mit Rauch, den Knallkörpern etc. sowie dem Zaungerüttel. Es folgte eine weitere Unterredung. Da mittlerweile eine ganze Reihe "Situationsbeschreibungen" aus anderen Teilen des Stadions eingetroffen waren, die darauf schließen ließen, dass die Situation NACH dem Spiel eine andere/härtere als "sonst" werden würde, haben sowohl Heiko als auch ich eine Kompletträumung des Gästeblocks vorgeschlagen und erbeten. Nach meiner Einschätzung, zu der ich auch heute (und gerade heute nach den Ereignissen nach dem Spiel) noch stehe, ergab die oben beschriebene Einschätzung der Verhältnismäßigkeit, dass eine Räumung des Blocks (die selbtsverständlich nicht einfach ist!) im Verhältnis weniger Schaden anrichten würde als eine Eskalation nach dem Spiel. Die im Übrigen immer wahrscheinlicher wurde, je länger der Rest des Stadions das Gefühl hatte, gegen die Typen im Gästeblock würde nicht energisch genug vorgegangen. Dieser Bitte wurde nicht entsprochen.
- dann hing diese rot-weiße Fahne ca. 30 min am rückwärtigen Zaun. Jeder im Stadion wusste, was sie aussagt und ständig wurde (wohl nicht nur) ich per Telefon aufgefordert "endlich was zu machen, die Leute drehen durch...". Auch dies konnte nicht zeitnah durchgesetzt werden. Irgendwann reichte es uns und drei vereinsangehörige sind in den Block und haben den Lappen entfernt. Vielleicht war das unüberlegt, leichtsinnig oder sonst was aber in dieser Situation die einzige Möglichkeit.
- Nach dem Spiel wurden die Chemnitzer durch die Polizei im Umlauf der Südkurve festgehalten, um das Abziehen der St.Pauli Fans abzuwarten. Der Rest des geschehens auf der Budapester Straße isz weitgehend bekannt. Erwähnenswert hierbei vielleicht noch, um das "anders als sonst schon geschehen" zu verdeutlichen. Die St.Pauli Fans an der Budapester Straße Höhe Stadionreihe, Clemens Schultz Str, setzten sich nicht aus den "üblichen Verdächtigen" der St.Pauli Szene zusammen. das waren einfach unorganisierte, normale St.Pauli Fans.
- Die anfahrenden HVV Busse (die die Chemnitzer wegbringen sollten) wurden im Bereich Neuer Pferdemarkt mit Gegenständen beworfen, hierbei gingen mindestens 3 oder 4 Scheiben zu Bruch, dabei eine Frontscheibe und 1 Seitenscheibe neben dem Fahrersitz. Den Leuten, die das fabriziert haben, ist hoffentlich klar, dass sie damit den Fahrer in höchster Weise gefährdet haben! Muss auch mal gesagt werden.
- Die Chemnitzer wurden zu den Bussen gebracht, riefen hierbei "Hier marschiert der nationale Widerstand" und zündeten an den Bussen noch einmal rauch und 2 x Vogelschreck o.ä.
- Bei der Abfahrt der Busse kam es wohl erneut zu Würfen auf die Busse, hab ich aber nur aus Entfernung gesehen.

es gibt noch einige andere geschichten. die hab ich aber nur "gehört" und lasse sie deshalb weg. Wie gesagt, das Geschehene wird und muss in Ruhe aber auch in der nötigen Offenheit allen Seiten gegenüber aufgearbeitet werden um hinterher genau sagen zu können, was warum geschehen oder untzerlassen wurde und wie damit künftig umzugehen ist.
Ein Wort noch zu den Chemnitzern. Es ist in der Tat so, dass es immer wieder heíßt "Wir wissen auch nicht , wo die herkommen" etc. OK, nur mal angenommen, das stimmt. Kein Problem. Und ich kann auch jeden "normalen" Fan verstehen, der sich nicht traut, gegen einen Haufen debiler Stiernacken vorzugehen. ABER: Warum wenden sie sich nicht über die bestehenden Kontakte (Fanbeauftragte, Polizei...) an den gastgeber und sagen bspw. "Hört mal, wir wollen nicht mit diesen Leuten in einen Topf geworfen werden, könnt Ihr uns helfen?"? Man könnte sich auch in dem kleinen Gästeblock abseits stellen. Oder bei gestrigen spiel hätte ich es auch zulässig gefunden, wenn man solche normalen Fans bspw in den leeren Block 11 geleitet hätte. Aber all das passiert nicht, es wird abgewiegelt, verharmlost und gleichgestellt. So wird das nix...
OK, soweit "kurz" von mir. Bin erstmal bis morgen nachmittag offline.
Gruß
Sven

2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Ich habe das mal gelinkt: http://blog.pantoffelpunk.de/archives/307

Montag, 03 April, 2006

 
Anonymous Anonym said...

Ich auch, wieso gibts hier eigentlich keine Trackbackmöglichkeit?!
Nachbetrachtungen zum Chemnitzspiel

Montag, 03 April, 2006

 

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